Organistinnen und Organisten sind immer irgendwie auch Komponisten – die Improvisation, das Musizieren ohne Notenvorgaben, gehört einfach dazu. Und wenn, wie bei Engelbert Glaser, die unbändige Freude am Spiel mit allen möglichen Musiksparten dazukommt, kann sich das Publikum auf etwas gefasst machen.
Schon das Eröffnungsstück, eine «Marcia» aus dem 19. Jahrhundert, komponiert für den Ausklang der heiligen Messe, ist eine Mischung zwischen Kirchen- und Blaskapellenmusik – der Italiener Vincenzo Petrali hat tatsächlich für beide Sparten komponiert. Es beginnt hoch feierlich und pompös, doch bald sind volkstümliche Bandaklänge nicht zu überhören. Ganz anders das zweite Stück aus der gleichen Zeit: Die bekannte «Prière à nôtre dame» des Franzosen Léon Boëllmann ist ein ruhiges, aber eindringliches Gebet mit fein abgestufter Dynamik. Auch ein wunderbares Gebet ist die folgende Eigenkomposition des Organisten mit dem Titel «Adoration»: Auf einen einstimmigen, liedhaften Beginn folgen Mehrstimmigkeit und Variationen, dann weitere Motive, schliesslich die Rückkehr zum Beginn und die Auflösung in hellen, fast klirrenden Harmonien – das Publikum ist ergriffen und berührt.
Vierhändig spielen anschliessend die beiden Buttisholzer Organisten Monika Huber und Engelbert Glaser die «Sonata I per organi» von Ramòn Ferreñac. Nach einer eindrücklichen Improvisation über ein Kirchenlied folgt das Schlussbouquet unter dem Programmtitel «Im Ballsaal Gottes», nämlich der Charleston «I’m a lady», wiederum von Engelbert Glaser, dann der Radetzky-Marsch von Johann Strauss (Vater) und als Zugabe eine Art «Wiener Medley» mit Teilen aus dem Donauwalzer, aus «Der dritte Mann», aber auch aus dem «Weissen Rössl» und sogar aus «My Fair Lady». Der gebürtige Bayer Engelbert Glaser, hauptberuflich Instruktor im Pflegesektor, ist offenbar ein Freund des 19. Jahrhunderts: Ausser seinen Eigenkompositionen stammt fast alle gespielte Musik aus dieser Zeit, aber auch sein Lebensmotto, das Hildegard Hurni in ihrer Begrüssung erwähnt, nämlich der Spruch von Victor Hugo: «Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist.»
«Wir leisten uns eine Orgel», sagt Niklaus Späni in einem kurzen Zwischenwort, «obwohl sie viel Platz, viel Geld für Anschaffung und Unterhalt und dann noch Lohn für die Spielenden kostet.» Warum? Kurz gesagt: «Eine Orgel ist sehr schön, sie ist ein Beitrag zur religiösen Kultur und zur Gemeinschaft, denn sie tritt dort auf wo Menschen zusammenkommen, an freudigen und traurigen Anlässen.» Nach dem Konzert erklärt der Erbauer der Orgel, Kurt Lifart, allen Interessierten den Aufbau und die technischen Details des eindrücklichen Instruments mit zwei Manualen, einem Pedal und insgesamt 1656 Pfeifen aus Metall und Holz. Eine Spezialität der Buttisholzer Orgel ist das zweite Windsystem: Neben einem Elektrogebläse, wie überall, gibt es hinter der Orgel zusätzlich eine Balg-Anlage für den Handbetrieb – selbst bei Stromausfall kann also gespielt werden, wie das Team Kurt Lifart und Engelbert Glaser sogleich mit viel Spass demonstrierte.