Unter dem provokativen Titel «Zahlen Sie auch (zu viele) Steuern» organisierte die FDP Ortspartei Ruswil am vergangenen Montag eine öffentliche Podiumsdiskussion zur kantonalen Steuerpolitik. In kurzen Einstiegsreferaten von Marcel Schwerzmann, Regierungsrat, Armin Hartmann, Kantonsrat und VLG-Vorstand sowie Georg Dubach, Geschäftsführer und Mitglied der kantonsrätlichen Kommission für Wirtschaft und Abgaben, wurden die Grundzüge der kantonalen Finanzpolitik, ihre Knacknüsse und Streitfragen abgesteckt.
In seinen Ausführungen zeigte Marcel Schwerzmann (parteilos) auf, wie sich die finanzielle Situation im Kanton in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Während zwischen 1991 und 2000 der Schuldenberg auf satte 2.5 Milliarden Fr. angewachsen war, konnte er bis 2011 sukzessive abgetragen werden. Seit diesem Zeitpunkt belaufen sich die Schulden konstant auf einem Wert von rund 350 Millionen Franken und dies trotz grosser Investitionen, namentlich bei der Universität, den Spitälern und den Verkehrsinfrastrukturen. Um das finanzielle Umfeld zu verbessern und zu sichern, war eine langfristige Steuerstrategie notwendig, die, so Schwerzmann, im Wesentlichen erfolgreich war. Trotz massiver Entlastung der Steuerpflichtigen stiegen die Steuereinnahmen in den letzten Jahren beständig. Zudem konnten allein zwischen 2011 und 2015 im Kanton 10 000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Einziger Wermutstropfen: Aufgrund der besseren Finanzsituation sanken im gleichen Zeitraum die Einnahmen aus dem nationalen Finanzausgleich.
Gemäss Schwerzmann wird es in Zukunft notwendig sein, den Finanzhaushalt zwischen den Gemeinden und dem Kanton weiter anzupassen. Vorgesehen ist die Neuverteilung der Ausgaben für die Volksschule. Während sich heute der Kanton nur zu einemViertel an den Kosten beteiligt, soll dieser Anteil in Zukunft auf die Hälfte gesteigert werden. Ebenfalls soll beim Wasserbau ein neuer Kostenteiler zugunsten der Gemeinden eingeführt werden. Andrerseits haben diese mit der Pflegefinanzierung einen gewaltigen Kostentreiber übernommen. Zudem sollen künftig die Ergänzungsleistungen von AHV und IV durch die Gemeinden getragen werden. Schliesslich soll der Steuerfuss des Kantons um 1/10 gesenkt, jener der Gemeinden um den gleichen Betrag erhöht und die Beiträge des Kantons an den kantonalen Finanzausgleich reduziert werden.
Wie der Leiter des Bereichs Finanzen im Verband Luzerner Gemeinden VLG, Armin Hartmann (SVP), ausführte, geniessen die Gemeinden heute gegenüber dem Kanton eine grosse Autonomie, welche mit einem hohen Mass an Eigenverantwortung verbunden sei. Zudem hätten sie in der Vergangenheit die Steuerstrategie des Kantons immer mitgetragen, obwohl sie von den Senkungen mehr betroffen waren. Im Allgemeinen stünden die meisten Gemeinden heute in finanziellen Belangen sehr gut da, obschon das Polster nicht überall nachhaltiger Natur sei, sondern durch einmalige Einnahmen (Landverkäufe, Auslagerung von Heimen) entstanden sei. Was Hartmann vom Kanton einfordert, ist Planungssicherheit für die Gemeinden. Diese könne vor allem durch eine klare Aufgabenteilung und gesetzliche Vorgaben sichergestellt werden.
Georg Dubach, Geschäftsführer der Vorsorgestiftung der Regionalbanken und als Vertreter der FDP Mitglied der Kommission Wirtschaft und Abgaben des Kantonsrats, umriss in seinen Ausführungen die Steuerpolitik der FDP Luzern. Im Vergleich zu anderen Kantonen beklagte er einen Mangel an Innovationsfähigkeit. Diese müsse unbedingt durch ein günstiges steuerliches Umfeld gefördert werden. Um eine bessere Positionierung des Kantons zu erreichen, könne aber auch eine zeitlich begrenzte Steuererhöhung notwendig sein. So befürwortete die FDP im Rahmen des Konsolidierungsprogramms 2017 (KP 17) zusammen mit den meisten anderen Parteien eine Steuerfusserhöhung, die dann allerdings im Mai 2017 mit einem Nein-Stimmenanteil von 54 Prozent von den Stimmberechtigten abgelehnt wurde.
Balz Koller, Neuenkirch, leitete die anschliessende Podiumsdiskussion. Lotti Stadelmann (SP) machte gleich zu Beginn klar, dass sich niemand einen Kanton Luzern mit dem Nimbus einer Zentralschweizer Steuerhölle wünsche, bemerkte aber gleichzeitig, dass es dem Ruf des Kantons auch nicht zuträglich sei, wenn aus Spargründen Schüler der Kantons- und Berufsschulen in Zwangsferien geschickt und bereits bewilligte Stellen bei der Polizei aus Kostengründen nicht besetzt werden könnten. Zudem erwähnte sie, dass der Schuldenabbau nach 2000 durch den Verkauf von Goldreserven durch die Nationalbank und entsprechende Ausschüttungen an die Kantone sowie den Verkauf eines Teils der Kantonalbankaktien und anderer Beteiligungen erreicht werden konnte.
Ein weiterer Diskussionspunkt bildete die Neuverteilung der Aufgaben zwischen Kanton und Gemeinden. Hartmann befürchtet, dass sich diese langfristig negativ auf die Gemeindefinanzen auswirken könnten, weil bei der Pflegefinanzierung und den Ergänzungsleistungen grosse Kostensteigerungen zu erwarten seien, die Bildungsausgaben hingegen eher stagnierten. Der Finanzdirektor meinte dazu, dass ein Finanzierungssystem nur überlebensfähig sei, wenn es Anpassungen zulasse.
Aus dem Publikum wurde die Verlässlichkeit des Kantons in Finanzfragen bezweifelt. So komme es immer wieder vor, dass nach Abschluss des Budget-Prozesses Mehrkosten auf die Gemeinden zukämen. Schwerzmann bestätigte, dass dies sehr unangenehm sei, das gleiche Schicksal dem Kanton gegenüber dem Bund allerdings ebenfalls dauernd widerfahre.
Eine weitere Person wollte wissen, was der Kanton tue, damit sich Arbeit wieder lohne und damit weniger Menschen in die Sozialhilfe abrutschten. Schwerzmann entgegnete, dass es ein wichtiges Ziel der Sozialpolitik sein müsse, Fehlanreize zu verhindern. Als konkrete Massnahme nannte er das kant. Projekt «Arbeit muss sich lohnen».
Schliesslich wollte jemand wissen, wann das Sparpotential ausgereizt sei? Die trockene Antwort: Nie! Allerdings räumte der Regierungsrat ein, dass beim Personal kaum mehr Einsparungen möglich seien. Vielmehr ortet er bei der Automatisierung von Abläufen und einer Zentralisierung der Verwaltung Einsparungen, hier vor allem bei den Mieten.
Der Ruswiler FDP-Präsident Peter Amrhyn warf die Frage auf, ob den Gemeinden nicht auch betreffend Raumplanung mehr Autonomie, zum Beispiel bei der Ansiedlung neuer Firmen, gewährt werden könnte. Georg Dubach ergänzte, dass in gewissen kantonalen Entwicklungsschwerpunkten ohnehin Baulandreserven allmählich knapp würden, so namentlich im Raum Sursee. Lotti Stadelmann gab zu bedenken, dass sich dadurch die Wohnqualität im Rottal verschlechtern könnte und sich eine Attraktivitätssteigerung auch durch eine tiefere Steuerbelastung erreichen liesse. Mit dieser Andeutung liess sie die Hoffnung aufkeimen, dass in Ruswil aufgrund der guten Finanzlage nächstens der Steuerfuss gesenkt werden könnte.