Auf den Fahrplanwechsel Mitte Dezember verkünden ÖV-Unternehmen oft neue Fahrzeiten, Haltestellen oder mehr Verbindungen. Im Rottal bleibt das alles unverändert. Trotzdem präsentiert die Rottal Auto AG eine gewichtige Neuerung: ab nächstem Sonntag fahren die ersten Elektrobusse durch die Rottaler Gemeinden.
«Wir freuen uns sehr auf den Einsatz der neuen Elektrobusse», sagt Andreas Boppart, Geschäftsführer des Ruswiler Busunternehmens. Vier neue Elektrofahrzeuge hat das Unternehmen eingekauft. Fahren werden sie ab 11. Dezember auf den Linien 60 (Buttisholz – Rothenburg) und 64 (Ruswil – Wolhusen). «Die beiden Linien eignen sich am besten für den Einsatz von strombetriebenen Bussen», so Boppart. Denn anders als konventionelle Dieselfahrzeuge brauchen E-Busse regelmässige «Pausen», um die Batterien wieder aufzuladen. Weil die Linie 60 nur morgens und abends in den Stosszeiten verkehrt, können die Fahrzeuge dazwischen im Depot an die Steckdose oder sie helfen auf der Linie 64 aus.
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Luzerner Ă–V soll bis 2040 fossilfrei sein
Nebst dem «Rottaler» präsentierte am Montagmorgen auch Postauto neue Elektrofahrzeuge. Sie fahren zukünftig auf der Linie 70 (Sempach-Station – Rothenburg) und Linie 89 (Sempach-Station – Eich – Bäch). Zusammen mit den drei E-Bussen, die bereits bei den Verkehrsbetrieben Luzern VBL im Einsatz sind, sind sie Teil der E-Bus-Strategie im Kanton Luzern. Laut Pascal Süess, Leiter des Verkehrsverbunds Luzern, wird mit den neuen Fahrzeugen jährlich rund 200 000 Liter Diesel eingespart. Weitere Elektrobusse sollen in den nächsten Jahren in Betrieb genommen werden, bis 2040 soll der gesamte ÖV im Kanton fossilfrei betrieben werden. Im Vordergrund stehen aktuell Elektrofahrzeuge. Getestet wurden auch Antriebe mit Wasserstoff, die Produktion dessen ist jedoch momentan noch nicht wirtschaftlich.
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Leiser Motor und digitale Aussenspiegel
Auf der Probefahrt mit Medien- und Behördenvertreter zeigten sich die Vorzüge der neuen Fahrzeuge. Die Busse fahren sehr fein und kaum hörbar. Fahren sie im Schritttempo, tönt nur ein leises Sirren. Das künstlich erzeugte Geräusch sorgt dafür, dass andere Verkehrsteilnehmer das Fahrzeug überhaupt wahrnehmen. Ab 20 km/h verschwindet der Ton, ab dann sind nur die Rollgeräusche der Reifen hörbar. Ein Komfortgewinn – nicht nur für Anwohnerinnen und Anwohner. Und auch Fahrgäste werden sich freuen, wie Gion Luca Dobmann, Projektleiter Elektrobusse bei der Rottal Auto AG, bestätigt: «Im Bus ist es leiser, vor allem bei den hinteren Plätzen neben dem Motor». Strom steht übrigens auch den Fahrgästen zur Verfügung: bei allen Sitzplätzen befinden sich USB-Steckdosen.
Für die Bedienung der neuen Fahrzeuge wurden die Fahrerinnen und Fahrer der Rottaler Busse geschult. «Sie waren begeistert von der leisen Fahrt, der einfachen Bedienung und der feinen Beschleunigung», sagt Dobmann. Das Fahren sei grundsätzlich einem Dieselbus sehr ähnlich. Was ändert, ist das Aufladen der Fahrzeug-Batterien. Und eine technische Neuerung: die Aussenspiegel fehlen, eine Kamera übernimmt die Funktion und zeigt auf einem Bildschirm das Geschehen hinter dem Bus an.
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Eine Fotovoltaik-Anlage ist geplant
Strom für das Fahrzeug liefern vier Batterien. Zwei davon sind im Heck platziert, zwei auf dem Dach. Durch das zusätzliche Gewicht ändert sich das Neigungsverhalten der Busse. Ein aktives Fahrwerk – ähnlich einem Neigezug – stabilisiert in den Kurven die Schwankungen, sodass die Mitfahrenden davon nichts spüren sollen. Damit die Fahrzeuge auch intern gewartet werden können, absolvierten die Mechaniker bei der Rottal Auto AG spezielle Hochvolt-Ausbildungen.
Über Nacht und während Pausen werden die Batterien in den Einstellhallen in Ruswil wieder aufgeladen. Dafür wurden vier Ladestationen erstellt mit neuem Transformator für genügend Ladeleistung. Momentan würden die Fahrzeuge noch mit normalem Strom aus der Steckdose geladen, so Andreas Boppart. Geplant sei jedoch, bis 2024 auf der Einstellhalle eine Fotovoltaik-Anlage zu bauen. Aus statischen Gründen sei dafür zuerst eine aufwändige Dachsanierung notwendig.
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Busse sind doppelt so teuer
Grosse Unterschiede zeigen sich bei den Preisen der neuen E-Busse. Gemäss Boppart kosten diese rund 700 000 Franken, während ein Dieselbus für 350 000 Franken zu haben ist. Dazu kommen Kosten für den Bau der Ladestationen sowie für die Batterien. Während die Busse geplant 12 Jahre im Einsatz stehen sollen, müssen die Batterien nach 6 Jahren gewechselt werden. Auch im Betrieb seien die Busse bei den momentanen Strompreisen nicht günstiger als ein Dieselbus, so Boppart. Trotzdem ist er überzeugt, dass sich die Investitionen in einen nachhaltigeren ÖV langfristig lohnen.
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Zahlen & Fakten
Die vier neuen Elektro-Fahrzeuge der Rottal Auto AG sind 12-Meter Standardbusse und werden zukünftig auf den Linien 60 und 64 eingesetzt. Die zweitürigen Busse bieten Platz für 73 Fahrgäste. Vier Batterien mit total 350 Kilowattstunden liefern Strom für 200 bis 250 Kilometer Fahrt. Das vollständige Aufladen dauert etwa 4 Stunden. Eine Wärmepumpe heizt und kühlt den Innenraum und die Antriebssysteme.